Sara ließ ihren Fuß über dem winzigen Arachnid schweben, und einmal mehr formte sich das Bild ihres Ex vor ihrem inneren Auge. Wie er winzig klein vor ihr kniete, die Hände erhoben um sie um ihre Gnade anzuflehen.
"Bettel..." flüsterte Sara, "Bettel mich an wie das erbärmliche Insekt, das du bist. Fleh mich an dein Scheißleben zu verschonen..."
Langsam ließ sie die Sohle ihres brandneuen High Heels sinken und tauchte das Wesen unter ihr in ihren Schatten. Der Anblick ließ sie erschaudern, aber nicht vor Ekel. Nein, vor Macht. Sie hielt das Leben dieses Dinges in ihrer Gewalt, frei über seine Zukunft zu entscheiden. Und ihre Entscheidung war bereits gefallen, nur wollte sie den Akt genießen. Immer näher kam ihre Sohle, bis...
"Äh, Sara?" ertönte auf einmal eine Stimme hinter ihr. "Was machst du denn da?"
Hitze schoß ihr ins Gesicht als Sara ihren Fuß aufstampfte und herumwirbelte. Die "Spinne" verschwand unter ihr und sie konnte fühlen, wie ihr Körper in einen roten Fleck zerpresst wurde.
"Oh, Anne! Ich hatte dich gar nicht gehört!" stotterte Sara. Sie schluckte und versuchte sich etwas zu beruhigen. "Da war nur eine Spinne," hob sie zur Erklärung an, "und du weißt ja. Bin kein Freund von Spinnen, also..."
"Zertrittst du sie?" Anne hob eine Augenbraue, "Komisch. Ich dachte du hättest Angst vor denen."
Bevor Sara antworten konnte, überkam ein nachdenklicher Gesichtsausdruck Annes Miene.
"Aber das ist schon seltsam. Als ich die Kleider geholt habe, habe ich auch irgendwas am Boden wuseln sehen. Habe mir nichts dabei gedacht, aber jetzt..."
Anne schüttelte sich vor Ekel. "Vielleicht hat dieses Kaufhaus ja ein Insektenproblem. Oder Spinnen, oder was auch immer. Naja, hast du dir was ausgesucht?"
Dankbar für den Themenwechsel nickte Sara.
"Ja! Also das Top und der Rock sind schon der Hammer. Und die Heels sind auch super!" Ein Grinsen kam über ihr Gesicht. "Ich denke, wir werden heute Abend die Jungs umhauen!"
"Das ist meine Sara!" Lachte Anne und gab ihr einen Klaps auf die Schulter. "Na dann, lass uns zahlen. Dann können wir noch was unternehmen, bevor die Party heute Abend losgeht!"
Sara nickte und folgte Anne auf den Weg ins Erdgeschoss. Noch einmal bemerkte sie, dass außer ihnen anscheinend niemand hier im Kaufhaus war. Doch erst als sie an der nun unbesetzten Kasse standen fiel ihr auf, wie seltsam leer es doch war.
"Komisch, und das an einem Samstag," meinte sie, während Anne sich genervt umsah, um den Kassierer oder einen anderen Mitarbeiter zu finden. Ohne Erfolg. Doch als sie sich umdrehte, entkam ihr ein kurzer Schrei.
"Was ist?" Fragte Sara, besorgt.
"Ach nichts... da ist nur schon wieder so ein Ding!" Anne deutete auf den Kassentisch, und nun da Sara genauer hinsah, bemerkte sie den ungefähr daumengroßen Fleck auf der Oberfläche. Nun kam ihr das wirklich seltsam vor. Erst der Traum heute morgen, und dann zwei, nein, drei Spinnen, die sie gefunden hatte. Konnte das nur ein Zufall sein?
"Ach, halb so wild," sagte Sara und hob ihre Hand. Ihr Ekel vor den Biestern war gänzlich verschwunden. Tatsächlich konnte sie nicht umhin, ein leises Lächeln über ihre Lippen spielen zu lassen, als sie sich vorstellte, wie es sich wohl anfühlen würde die Spinne unter ihrer Hand zu zerquetschen.
Mit einem Schlag ließ sie ihre Hand herunterschnellen...