Linda konnte es kaum glauben. Die Sommerferien hatten begonnen, und anstatt mit ihren Freundinnen ins Freibad zu gehen oder durch Leipzig zu schlendern, saß sie im Auto ihrer Mutter auf dem Weg ins Erzgebirge. Sechs Wochen bei Oma Inge – das fühlte sich für sie wie eine Ewigkeit an.
„Mama, ich bin doch schon zwölf. Ich hätte auch alleine zu Hause bleiben können“, versuchte sie ein letztes Mal zu protestieren.
Ihre Mutter schüttelte sanft den Kopf. „Nein, Linda. Ich muss geschäftlich verreisen, und du kannst noch nicht so lange alleine bleiben. Außerdem freut sich Oma auf dich.“
Seufzend lehnte sich Linda zurück und starrte aus dem Fenster. Als sie nach zwei Stunden Fahrt schließlich ankamen, begrüßte Oma Inge sie herzlich. Doch kaum hatte Linda ihr Zimmer betreten, entdeckte sie auf dem Bett eine Packung Pampers in der größten Größe. Sie spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde.
„Oma! Was soll das denn? Ich brauche keine Windeln mehr!“, rief sie empört.
Oma Inge sah sie erstaunt an. „Ach, Kindchen, ich wusste nicht, ob du es mittlerweile schaffst. Ich wollte nur vorsorgen. Und sicher ist sicher.“
„Aber ich bin zwölf! Ich bin doch kein Baby mehr!“
„Beruhig dich, Linda. Wenn du sie nicht brauchst, ist gut.“
Linda verschränkte die Arme und schwor sich, dass sie keine einzige Windel anrühren würde.
Doch gleich am ersten Abend passierte es: Nach einem aufregenden Nachmittag im Garten, an dem sie mit Nachbarskindern gespielt hatte, war sie so müde, dass sie sich kaum noch die Zähne putzte, bevor sie ins Bett fiel. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, spürte sie sofort die Nässe im Bett. Ihr Herz schlug schneller. Sie hatte seit zwei Jahren nicht mehr eingenässt!
Entsetzt rief sie nach ihrer Oma. Als die alte Dame das Malheur sah, seufzte sie nur und nahm Linda sanft an der Hand. „Komm, mein Schatz, wir machen dich sauber.“
Linda fühlte sich schrecklich. Während sie sich umgezogen hatte, schüttelte Oma Inge den Kopf. „Siehst du, genau deswegen habe ich vorgesorgt. Ab heute Nacht trägst du wieder Windeln, solange du hier bist.“
„Aber das war doch nur ein Versehen! Das passiert nicht wieder!“, versuchte Linda sich zu wehren.
Doch ihre Oma war entschlossen. „Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig. Ich will nicht jeden Morgen das Bett neu beziehen müssen.“
Linda hätte am liebsten losgeschrien, aber sie wusste, dass es nichts bringen würde. So ergab sie sich in ihr Schicksal. Am Abend zog ihre Oma ihr eine Windel an. Es war ihr unglaublich peinlich, aber sie wagte es nicht, sich zu wehren.
Trotz ihrer Scham versuchte Linda, die Ferien zu genießen. Sie lernte neue Kinder kennen, erkundete den nahegelegenen Wald und ging sogar mit ihrer Oma in die Stadt. Doch so sehr sie sich auch bemühte, ihre Gedanken kreisten immer wieder um die Windeln. Besonders unangenehm wurde es, als sie mit ihrer Oma eine Wanderung machte. Nach stundenlangem Laufen musste sie dringend auf die Toilette – doch es gab keine in Sicht. Oma Inge sah ihren angespannten Gesichtsausdruck.
„Schätzchen, mach dir keine Sorgen. Genau für solche Situationen sind die Windeln da.“
Linda wurde rot. „Aber Oma, ich kann doch nicht einfach hier…“
„Es ist nur eine Wanderung, Linda. Du hast keine andere Wahl.“
Schließlich ließ sie los. Ein Gefühl der Erleichterung mischte sich mit tiefer Scham. Nie hätte sie gedacht, dass sie sich mit zwölf noch einmal so fühlen würde. Doch ihre Oma blieb gelassen. „Siehst du? Alles halb so schlimm.“
Linda lernte, sich mit der Situation zu arrangieren. Und obwohl es ihr nach wie vor peinlich war, genoss sie ihre Zeit im Erzgebirge. Doch sie zählte die Tage, bis sie wieder nach Hause konnte – in ein Leben ohne Windeln.
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